Von Pessimisten und Optimisten

Das folgende Zitat zeigt die unterschiedlichen Sichtweisen von Optimisten und Pessimisten.

„Die weitsichtigen Optimisten schauen gern in die Ferne. Sie glauben, dass die Welt sich unaufhaltsam verbessert, egal was passiert. Alles, was mit uns geschieht, ist ein Fortschritt. Mit jedem neuen Krieg, mit jeder Revolution oder jedem Aufstand erobert sich die Menschheit ein bisschen mehr Freiheit, mit jedem neuen Job entsteht mehr Wohlstand und jeder Verlust schenkt einem zum Ausgleich ein Stück Weisheit und Gelassenheit.[…]

Die kurzsichtigen Pessimisten sehen die Menschheit auf dem absteigenden Ast und die Vernunft als zur Neige gehende Requisite. In ihren Augen schwebt die Menschheit ständig über einem Abgrund. Sie balanciert auf einem dünnen Seil, gestrickt aus Eitelkeit und Neid – unmöglich, darauf die Balance zu halten. Jeder Versuch, das Zusammenleben einigermaßen vernünftig zu organisieren, ist vergeblich, jedes neue Projekt zum Scheitern verurteilt und jeder neue Tag auf dem Planeten ist ein Geschenk, das wir nicht verdient haben.“

Beides sind Wege zur Wahrheitsfindung. Es finden sich Belege für die eine oder Seite, was in einem differenziertes Bild resultiert. Am Ende stellt sich die Frage, wie man einen vernünftigen Mittelweg findet und ein Realist zu werden.

Quelle: VLADIMIR KAMINER: Frühstück am Rande der Apokalypse (Wunderraum, 1. Auflage 2023, S.7)

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